Wie gut bist du mit erster Hilfe? Für körperliche Leiden ist es gut, wenn man sich mit einer kleinen Haus-Apotheke selbst versorgen kann. Pflaster, Verband, Schmerzmittel, Fieberstiller, … Was aber hilft, wenn es nicht körperlich weh tut, sondern psychisch, seelisch oder emotional Erste Hilfe von Nöten ist?
Da kann eine herausfordernde Entscheidung sein, ein Streit in der Beziehung, ein Trigger, der dich getroffen hat – schon ist etwas innerlich aus dem Lot geraten und die Frage da, wie man wieder zurück ins innere Gleichgewicht findet oder das fließen lassen kann, was sich emotional gerade zeigt.
Ein Gespräch mit Freunden, eine liebevolle Begleitung durch einen Menschen kann sehr helfen. Nicht immer ist aber jemand unmittelbar da, um dich durch deine inneren Irrungen und Wirrungen zu begleiten. Da ist es gut, Tools & Kniffe an der Hand zu haben, um dich dann selbst gut versorgen zu können. Hier stelle ich dir 7 Tools für dein persönliches Erste-Hilfe-Set vor.
1. Bewusstes Atmen
Der Atem ist dein wichtigster Begleiter in deinem Leben – er ist buchstäblich immer da, solange du lebst. Wenn du angespannt bist oder gestresst, wenn etwas nicht fließen kann in dir, dann fließt in der Regel auch dein Atem nicht frei. Tief in den Bauch hinein atmen oder zu engen Stellen im Körper hinatmen ist oft schon ein wesentlicher Teil dessen, was dein Prozess gerade braucht um ins Fließen zu kommen. Atemarbeit ist Bewusstseins-Arbeit. Tiefer Atem bringt mehr Gefühl und Bewusstheit in den gegenwärtigen Moment. Dazu heißt es in „Integrale Lebenspraxis“:
“Atmen und Fühlen sind unlösbar miteinander verbunden. Das Herzzentrum befindet sich direkt zwischen Ihren beiden Lungenflügeln, und die natürlichste Methode, die fühlende Intelligenz Ihres Herzens zu aktivieren, besteht darin, bewusst zu atmen.”
2. Sprich es aus!
Innere Dialoge neigen dazu, sich in Schleifen zu drehen und nirgendwo hinzuführen. Eine gute Möglichkeit, daraus auszusteigen ist, deine Gedanken laut auszusprechen. Führe ein ganz bewusstes Selbstgespräch. Wenn du einen Konflikt mit einer Person hast, kannst du dir auch vorstellen, direkt zu oder mit ihr zu sprechen (Die Antworten musst du dann natürlich auch selbst geben.)
Warum? Gesprochene Worte haben eine andere Wirkung als gedachte. Sie haben das Potential, Klarheit zu schaffen. Du kannst prüfen, ob sich deine Gedanken laut ausgesprochen noch „wirklich“ anfühlen. Du kannst testen, welche Aussagen sich am ehesten wahr anfühlen. Ein Vorteil ist auch, dass du die oft sehr schnellen und automatischen Gedanken verlangsamst und die Führung in deinem eigenen Prozess übernimmst.
3. Den Körper erforschen
Gerade bei emotionalen Prozessen spielt der Körper eine wichtige Rolle. Oft ist es so, dass ein emotionaler Prozess im Körper lokalisiert werden kann – an einer oder an mehreren Stellen. Das können angespannte Beine sein, ein Solarplexus, der sich eng anfühlt, ein Herz, das sich gepanzert anfühlt. Ein angespannter Arm oder Kiefer. Enge in der Kehle. Angestaute Emotion fühlt sich im Körper eng und angespannt an. Mit etwas Übung kannst du ganz gut lokalisieren, wo im Körper dein Prozess gerade stattfindet. Genau dort kannst du dann liebevolles Gewahrsein hinschicken. Es geht nicht darum, etwas verbissen zu lösen – sondern eher anzunehmen, was sich gerade zeigt und es einfach wahrzunehmen. Es ist hilfreich, deinen tiefen Atem zu solchen Stellen im Körper zu senden.
4. Das System verstehen
Systemische Bildarbeit kann sehr dabei helfen, eigene Prozesse tiefer zu verstehen – und sie kann von jedem einfach gelernt und angewendet werden.
Bestandteile des Systems eines Prozesses sind z.B.: Du selbst, andere Menschen, ein Ziel oder ein Problem, deine Ressourcen, Hindernisse, Innere Anteile, ein bestimmtes Gefühl oder ein Gedanke, ein Ort, zwei oder mehr Entscheidungsoptionen, …
Der Ablauf: Suche dir ein Symbol (einen Gegenstand oder einen Zettel) für dich selbst und stell es im Raum auf (oder auf deinem Tisch, je nach Größe). Wähle dann für die anderen Elemente des Systems, die du für relevant hältst, ebenfalls Symbole und platziere sie intuitiv ebenfalls im Raum.
- Lass das Bild auf dich wirken. Was siehst du? Was sagt es dir?
- Du kannst mit dem Bild auch weiterarbeiten. Du kannst einzelne Teile miteinander sprechen lassen. Du kannst etwas am Bild verändern, so dass es für dich besser wird.
- Übersetze am Ende, was die Erkenntnisse mit deinem realen Prozess zu tun haben und welche konkreten Schritte daraus folgen.
5. Journaling
Ähnlich wie das „Laute Aussprechen“ ist Journaling ein gutes Tool für gedankliche und emotionale Psycho-Hygiene und kann ein erster Schritt für ein inneres Forschen sein, auch wenn sich das, was da gerade in dir ist, nur diffus zeigt. Das Schreiben im Journaling ordnet, bringt aber auch ins Fließen – du kannst dich selbst überraschen lassen dabei.
Und so geht’s: Du nimmst ein Blatt Papier oder Notizbuch und einen Stift, setzt den Stift an und schreibst einfach drauflos, ohne dabei groß nachzudenken und ohne groß innezuhalten. Du erlaubst damit, dass geschrieben wird, was geschrieben werden möchte, ohne dabei deinem inneren Kritiker zu viel Raum zu geben. Das Unterbewusste kann sich damit leichter entfalten und zu Tage treten.
Das geht auch am Laptop: Ich sehe hier den Vorteil, dass man deutlich schneller schreiben kann und mir persönlich hilft das.
6. Glaubenssatzarbeit
Glaubenssatzarbeit kann bei Ängsten, Unsicherheiten und Zweifeln helfen. Sie bietet eine Möglichkeit, aus negativen Gedankenspiralen auszusteigen und kann zur inneren Klärung beitragen. Negative Glaubenssätze schwächen dich – sie ziehen förmlich Energie von dir weg, wie ein Magnet. Positive Glaubenssätze (wenn du sie wirklich glaubst und verinnerlicht hast) bewirken das Gegenteil: Sie stärken dich, können dir Selbstvertrauen und Zuversicht schenken oder wie ein Motor oder ein Schutzschild (jeweils im positiven Sinne) für dich wirken.
Der erste Schritt in der Glaubenssatzarbeit besteht darin, deine hinderlichen Glaubenssätze zu identifizieren. Du kannst dir z.B. alle automatischen Gedanken aufschreiben, die du zu einer bestimmten Situation über dich, diese Situation oder andere Menschen hast. Dann arbeitest du mit den wichtigsten dieser Glaubenssätze und überprüfst sie. Oft gibt es einen zentralen Glaubenssatz, den du besonders stark verinnerlicht hast. Als letzten Schritt entwickelst du einen neuen (positiven) Glaubenssatz für dich. Mir hat es oft geholfen, mir den Glaubenssatz aufzuschreiben und ihn auf meinem Schreibtisch oder neben meinem Bett sichtbar zu machen um mich immer wieder an ihn zu erinnern.
Zur Glaubenssatzarbeit ist „The Work“ von Byron Katie sehr empfehlenswert. Eine Anleitung findest du hier: https://thework.com/wp-content/uploads/2019/03/AnleitungzuTheWork.pdf
7. Prozesse parken
Manchmal bist du in einer Situation, in der du es gerade nicht brauchen kannst, „im Prozess“ zu sein. Vielleicht steht ein wichtiges Meeting in der Arbeit an, vielleicht müssen deine Kinder versorgt werden. Wenn du mit einem wesentlichen Teil deiner Aufmerksamkeit mit deinem Innenleben beschäftigt bist, kann das sehr herausfordernd sein.
Es gibt die Möglichkeit, Prozesse zu parken. Wichtig ist dabei, dass du sie wirklich nur parkst – und nicht abschiebst, weil du dich nicht damit auseinandersetzen möchtest. Wenn du wieder Kapazität hast, holst du deinen Prozess dann wieder ab. Zwei Ideen dazu:
- Schreibe auf einen Zettel auf, was sich gerade in dir bewegt und was gerade schwer oder herausfordernd für dich ist. Den Zettel kannst du dann bewusst zur Seite legen und dir dazu sagen: „Ich komme später auf dich zurück.“
- Du kannst den Prozess energetisch aus dir heraus nehmen und z.B. auf einen Stuhl in deinem Zimmer setzen. Nutze dafür deine Hände und setze die Energie des Prozesses ganz bewusst dorthin. Versichere dem Prozess (vielleicht ist es auch ein bestimmter innerer Anteil oder eine Situation aus deinem Leben), dass du später zu ihm zurück kommst und dich um ihn kümmerst. Achte darauf, dass es ein guter Platz ist – nicht dass sich jemand aus Versehen auf deinen Prozess setzt, ihn mitnimmt oder sich wundert, was er da auf einmal fühlt 😉. Ich habe auch mal einen Zettel auf den Stuhl gelegt mit den Worten: „Hier ist etwas liebevoll geparkt.“
Fazit
Na, welche der Tools kanntest du schon und hast du vielleicht sogar schon genutzt? Erzähl uns gerne davon und teile mit uns, wenn du weitere Fragen zu Prozessarbeit mit dir selbst hast.
Jeder Mensch ist anders – die vorgestellten Tools sind eine Einladung zum Ausprobieren und experimentieren. Erforsche, was für dich funktioniert, was hilfreich ist und womit du dich wohl fühlst.
Und wenn du dir eine kompetente Begleitung in deine Herausforderungen wünscht, schau doch mal bei unserem Coaching & Prozessbegleitung vorbei – wir können auch kurzfristig Termine anbieten!
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